Mit Ausstellungen in nicht profitorientierten Galerien in Budapest (Bartók 1, UP, u. a.) blickt Sándor Barna im Winter 2019 auf die vergangenen zwanzig Jahre seiner Sammlung zurück. Das Familienhaus des Unternehmers, der aus dem ungarischen Landkreis Nógrád stammt, wurde im Jahr 1999 errichtet. Zu der Zeit hat er angefangen, Werke des zwanzigsten Jahrhunderts zu kaufen, die zuerst daheim die eigenen privaten Räume dekorierten und später in einer Sammlung mündeten. Barnas Berater, der Kunstmanager Peter Don, hat in Auktionen Kunstwerke ausgesucht sowie der Familie Künstler vorgestellt. Der Sammler wurde von seiner Tochter Katalin Barna auf diese Veranstaltungen begleitet. Die Tochter war es beispielsweise, die, zunächst ohne jegliche künstlerische Vorbildung, die Kunst von Gyula Pauer – heute mit zahlreichen Werken vertreten in der Sammlung – auswählte.
Unter den auf Auktionen erworbenen Gemälden der Sammlung spielt Gyula Radnay eine zentrale Figur. Er kam als eine Art moderner ungarischer Mythos der Malerei in den klassischen Teil der Kollektion. Sein Lehrling, Mihaly Schéner, verfolgte die klassische Richtung ebenso und suchte den Mittelweg zwischen figurativer und abstrahierender Darstellung. In seinen Motiven (wie Lebkuchenformen, Husaren, Banditen) und durch seine Materialien (plastische Flächen vermischt mit Sand) sublimierte er die örtlich-lokalen Eigenschaften mit ruralen Traditionen in ein modernes Legendarium. Die Beziehung zwischen der Familie und dem senioren Meister ist sehr eng geworden, über 100 seiner Werke bereichern heute die Sammlung.
Ein zweiter für die Sammlung wichtiger Künstler ist von ganz anderem Charakter. Ákos Matzon ist ursprünglich Architekt und illustriert das konstruktive Denken im Material. Damit verkörpert er eine ganz andere Richtung und wurde dennoch, ähnlich wie Schéner und einige weitere, von Sándor Barna jahrelang mit einem Festbetrag finanziell unterstützt.
Die erste Ausstellung der Sammlung, die im Jahr 2002 im Imre Kálmán Museum in Siófok zu sehen war, wollte eine Brücke bauen zwischen diesen beiden Polen, deren Erzählung auf lokaler Tradition und geometrisch-abstrakten Elementen basiert. Ein Katalog, dünner, aber zweisprachig, wurde von dem anderen Berater, Gábor Pogány geschrieben und bearbeitet. Er argumentiert anschaulich dafür, dass die geometrischen Formen und Konstruktionen schon seit jeher integrierte, mit spirituellen Botschaften verbundene Bestandteile der Kunst sind, auch wenn dies erst in der Moderne zur eigenständigen Strömung wurde. Die Ausstellung mit Werken von László Fehér bis Tamás Konok war eine individuelle Interpretation durch die Synthese der beiden Ansätze.
Wirft man heute einen Blick in den Katalog und betrachtet die Visionen von Demeter János Lóránt als stimmungsbasierte Abstraktionen der ländlichen Landschaft, so sind auch die früheren Werke von Attila Csáji – den Péter Don als Mitglied der Szürenon-Gruppe gut kannte und der deshalb auch mit zahlreichen Arbeiten in die Sammlung geriet – als solche zu bewerten. Attila Csáji indes kommt aus einem ganz anderen Hintergrund als Lóránt. In seinen früheren Werken sind natürliche Wesen halb zu organischen, amorphen, surrealen und halb zu strukturierten, abstrakten Zeichen (Alp, Cherub) transformiert.
Da der Sammler wegen eines Großteils seiner Projekte sehr mit der Südseite des Plattensees verbunden war, kaufte er dort, in den Somogy-Bergen in Töreki, ein kleines Grundstück. Es wurde danach vom Architekten Szabolcs Kövessy und vom Innenarchitekten Tibor Somlai in eine Künstlerkolonie verwandelt.
Wenn ich die Künstlerkolonie besuchte – diese Erlebnisse wurden in Publikationen, die sowohl künstlerische (Műértő 2004/7-8) als auch architektonische Aspekte (Szalon 2008/4) beinhaltet, dargestellt – sah ich mit aufrichtiger Bewunderung, wie die drei Wohnungen, die vier Künstlerfamilien ihren Wohnraum sicherten, und die dazugehörigen Gebäude das lokale, archaische Erbe mit klarem, internationalen Schick hochwertig kombinierten.
Die Künstlerkolonie funktionierte ein Jahrzehnt lang. Für eine Einladung mit Vollversorgung gaben die Künstler ein bis zwei Werke der Sammlung. Dies war, neben den ursprünglichen Auktionskäufen und dem monatlichen Mäzenatentum, was aber nur ein paar Künstler betroffen hat, die dritte Quelle der Sammlung.
Von Attila Mata über János Kalmár bis hin zu István Haász, arbeiteten und erholten sich hier zehn bis zwanzig Künstler jeden Sommer. Es gab aber auch ein Jahr (2010), in dem nur ein Gast kam, Dezső Váli. Er fing jeden Tag der Saison, außer sonntags, ein neues Gemälde an, er stellte sie später allesamt in seinem Atelier in Budapest fertig.
Es wurden nicht nur Künstler in das Haus eingeladen, es war auch möglich, eine Bewerbung einzureichen. Im Jahr 2012 gab es beispielsweise eine Ausschreibung, zusammen mit Artplacc aus Tihany, um die Kunstwerke aus Töreki auf dem Festival vorzustellen. Manchmal kamen auch Kunstgesellschaften vorbei: Die Internationale Kepes Gesellschaft trug ein Symposium aus – wodurch auch ausländische Werke (z. B. vom bedeutenden kinetischen Künstler aus Finnland, Esa Laurema) in der Sammlung landeten – während Zsigmond Károlyi kam mit seiner Klasse aus der Kunsthochschule von Budapest zusammen.
Obwohl die Mehrheit der Künstler Maler waren (Csaba Filp, Róbert Sütő), fanden auch Bildhauer (Ildikó Zsemlye, Gábor Mihály Nagy, alias Nagámi), und sogar Fotografen sowie Grafiker (László Haris, István Orosz) sich in der von Attila Orbán geleiteten Künstlerkolonie ein. Das stilistische Spektrum war breit. Die Anwesenheit von Künstlern der Sensaria Gruppe, die die Traditionen der figurativen Malerei erneuern möchten (Roland Horváth, Dániel László), war angesichts der oben beschriebenen Richtungen der Sammlung logisch. Zudem haben Ágnes Kontra oder Márta Kucsora neo-pantheistische Malerei aus der Zeit der Romantik in die Kolonie und damit in die Sammlung gebracht. Der Generationsbogen hat sich von Jugendlichen (Emese Bács, László Hatházi) bis zu den "Großen Alten" erstreckt (István Gellér B., István Haraszty).
Die Arbeiten der Künstlerkolonie wurden auch in der Hauptstadt mehrfach präsentiert. Ein zweihundert Jahre altes Haus im Stadtteil Újlak von Óbuda, ein Bezirk von Budapest, wurde nämlich im Jahr 2007 von Sándor Barna zu einem multifunktionalen Gastronomiezentrum verwandelt. In der barocken Dachgalerie des Hauses wurden Ausstellungen organisiert. Neben den Töreki und anderen Gruppenausstellungen haben hier zum Beispiel András Halász, Zoltán Ötvös, Kata Könyv sowie ein paar ausgesprochen junge Talente (Annamária Őry, Franciska Szabó) ausgestellt.
Die Sammlung wurde auch auf diese Weise erweitert, wie es auch zu sehen war: Die Ausstellung von Balázs Pálfi im Jahre 2015 stützte sich auf eine Vielzahl von Werken aus der Sammlung. Gelegentlich wurden auch ausländische Künstler in das Programm aufgenommen. Im Jahr 2009 fand, auf Initiative des aus der Vojvodina umgesiedelten Künstlers Ede Sinkovics, ein internationales Symposium in Töreki statt. Neben den vielen südosteuropäischen Künstlern waren nur wenige ungarische Teilnehmer (z. B. Zsolt Ferenczy) dabei. Die Schau war in Óbuda in der Hauptstadt zu sehen.
Der Ausstellungsraum Symbol in Óbuda war auch für die Ausstellung von plastischen Arbeiten geeignet. So wurden beispielsweise die Werke von Tamás Gaál, die organischen und konstruktiven Elemente kombinieren, mehrmals vorgestellt. Die Ausstellungen begleiteten mitunter andere künstlerische Veranstaltungen: András Wahorn, Tamás Kopasz, József Szurcsik und ihre Künstlerfreunde gaben ein Konzert, Ági Verebics, Naomi Devil (Noémi Ördögh), Ágnes Podmaniczky und andere Malerinnen stellten nicht nur ihre Bilder aus, sondern führten auch die Mode des Designers Lilla Fufavis in einer Schau vor.
Im Gegensatz zu dieser lockeren, beliebten Welt war die Gedenkausstellung des Keramikers Levente Thury im Jahr 2014 eine schockierende Besonderheit. Noch stärker hat sich die Familie mit der traumatischen Vergangenheit durch die Ausschreibung "Denk.darüber.nach" (Gondold.át) auseinandergesetzt, die für den 70. Jahrestag des Holocausts angekündigt wurde. Die Kuratoren Judit Faludy und Péter Fitz haben eine Ausstellung aus den eingegangenen Werken zusammengestellt – unter anderen waren die Werke von Tamás Fuchs, Áron Gábor und Zsuzsa G. Heller dabei. Sie wurden in mehreren kleinen Ausstellungen vorgestellt wurden, auch in der Heimatstadt von Sándor Barna, im Ferenc Kubinyi Museum in Szécsény. Nur wenige Mitglieder der Familie Barna haben den Holocaust überlebt. Daran erinnert die Sammlung, indem sie den ursprünglichen Namen der Familie trägt: Braun.
Teilweise wegen der Wirtschaftskrise, teilweise wegen der Konflikte, die in Kunstprogrammen mit so vielen Akteuren unvermeidbar sind, wird das Grundstück in Töreki heute nur noch von der Familie genutzt. Der Betrieb im „Symbol“ in Óbuda hat sich mittlerweile auch verändert. Das Wachstum der Sammlung, was sich aus vier Quellen speiste (Auktionskäufe, Apanage, Künstlerkolonie, Ausstellungen), endete im Jahr 2015 und fiel in den letzten Jahren in einen Dornröschenschlaf.
In einem so vielfältigen Kunstförderprogramm ist es unvermeidlich, dass sich einige Entscheidungen im Laufe der Zeit als falsch erweisen. Die etwa sechshundert Werke der Sammlung sind jetzt bearbeitet worden und können nun mit den jetzigen, bewusst kleinen Ausstellung, wo jedes Mal andere Werke gezeigt werden, ein neues Leben beginnen. Die fortlaufende Qualitätsrevision beweist Stärke und verleiht der Kollektion Glaubwürdigkeit.
Zu den bisher nicht erwähnten Namen gehört beispielsweise László Csorba-Simon. In der Kollektion befinden sich zwanzig große (zwei Meter) Arbeiten von ihm. Er wird häufig als autodidaktischer Künstler, als moderner Schamane, der spirituelle Wege sucht, beschrieben. Seine Besonderheit ist kohärent mit der Absicht der Familie, eine Sammlung einzigartiger Identitäten zusammenzustellen. Deswegen haben sich die Barnas lieber auf ihren persönlichen Geschmack bezogen, anstatt breit anerkannte Künstler auszuwählen.
Mit einem Zitat von Sándor Petőfi erklärt die Familie, warum sie Abstand von anderen Trends der zeitgenössischen Kunst halten: "könnt euch wohl bewundern, doch nicht lieben". Jeder Sammler ist es wert, seine Haltung gegenüber den sehr unterschiedlichen Tendenzen der zeitgenössischen Kunst zu klären und hat das Recht, die Richtung auszuwählen, die ihm am meisten am Herzen liegt und der Unterstützung würdig findet. Eine andere Seite der Sammlerfreiheit ist der Qualitätsstandard: Die Sammlung ist ein Lernprozess, der auch ein Verständnis für zeitgenössische Kunst benötigt. In der Sammlung sind verschiedene künstlerische Konzepte mit hochwertigen Werken vertreten. Die spannende Herausforderung besteht darin, sie so kohärent zusammenzuführen, dass die Sammlung gegenüber anderen Kollektionen ein eigenständiges Profil repräsentieren kann.
Abgesehen von den bisher genannten Namen können auch nicht mehr lebende Künstler, wie László Bartha, Krisztián Frey und andere einen guten historischen Hintergrund liefern. Aus der mittleren Generation von heute sind Gemälde von Attila Kondor, János Korodi oder Lehel Kovács naturalistisch und sind, bei hoher Qualität, damit mit den bisherigen Richtungen der darstellenden Kunst verbunden. Gleichzeitig verhalten sie sich auch gegenüber der aktuellen Malerei reflexiv. Von Imre Bak bis Tamás Boros kann auch ein anderer, konstruktiver Kurs zwischen den Werken gezogen werden, auch wenn das "Mythos und Geometrie"-Motto der Ausstellung von 2002 mit anderen narrativ-emotionalen Kunstobjekten nicht eng verwandt ist.
Patricia Jagicza, Luca Korodi und weitere interessante Malerinnen sind in der Sammlung ebenso dabei. Obwohl Gemälde dominieren, sind auch zahlreiche dreidimensionale Werke vorhanden, etwa von Alexander Kecskeméti und István Drozsnyik. Die Sammlung sucht überwiegend nach anderen Richtungen als der Neo-Avantgarde oder Konzeptkunst. Eine Überraschung ist dabei ein Kunstwerk des berühmten postkonzeptuellen Künstlers Antal Lakner. Dieses ist durch die gute persönliche Beziehung der Familie in der Kollektion vertreten. Lakners humoristisch-kritischen, fiktiven Projekte harmonisieren hervorragend mit der Pseudo-Kunst von Gyula Pauer.
Vielfalt ist eine passende Bilanz für die ersten zwanzig Jahre der Braun-Sammlung. Eine Zeit, in der die Sammlung entstand, sich entwickelte und enorm wuchs. Die aktuellen Ausstellungen sind die nächste Phase, ein erster Schritt der intensiven Bearbeitung, Systematisierung und Auslegung. Diese E-Publikation, umfangreicher als die Ausstellungen, schöpft aus mehreren Segmenten der Sammlung: dokumentiert die Geschichte des kulturellen Unternehmertums sowie der Mäzene der vergangenen zwanzig Jahre und gibt einen Überblick über die Werke der Sammlung.